Urs Odermatt Arnold Odermatt The Odermatt Channel The Odermatt Shop Nordwest Film AG, alte Spinnerei 1, 5210 Windisch, Schweiz, +41 56 442 95 90, mail@nordwestfilm.ch Filme Inhalt Besetzung Stab Presse Photos Auswertung

Die Frau fürs Leben zu finden, ist nicht immer einfach. Für den Windleter, einen nicht mehr ganz jungen Nidwaldner Bergbauern, der seit dem Tod seiner Mutter allein auf einem abgelegenen Hof lebt, ist dies eine existentielle Aufgabe, denn ohne Frau geht in Haus und Stall gar nichts. Windleters Brautschau in den Nachbardörfern ist entmutigend. Die jungen Frauen wollen nicht – und die älteren Frauen will der Windleter nicht. Weder der Dorffestbesuch im Tal, noch die Partnervermittlung per Computer bringen Erfolg.

 

In seiner Not bestellt der Windleter für fünftausend Franken bei einem windigen Mädchenhändler eine thailändische Bauerntochter. Überrascht über den sonderbaren Auftrag und den sonderbaren Kunden läßt der sich zur Konzession „Bezahlung bei Lieferung der Ware“ über den Tisch ziehen.

 

Wenige Wochen später zieht eine junge, hübsche Thailänderin als stegreifverheiratete Windleterin auf dem Hof ein. Die Eifersucht der Frauen, die Lüsternheit der Männer und die scheinheilige Dorfmoral gehen eine unheilige Allianz ein. Der Film beginnt und endet mit einer Beerdigung – dazwischen ereignet sich ein dörflich hinterwäldlerischer, ein tödlicher Fall von Intoleranz, Häme, Neid, Mißgunst und Begierde.

 

Die tragische Liebesgeschichte zwischen dem wortkargen Bergbauern und seiner scheuen thailändischen Frau. Ohne jede Chance. Vorurteilslos erzählt. Mitleidlos inszeniert.

Urs Odermatt

 

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Nach der Beerdigung seiner Mutter auf dem Friedhof eines Schweizer Bergdorfs fährt der nicht mehr ganz junge Windleter allein hinauf zu seinem abgelegenen Hof. Jetzt wird es höchste Zeit, daß er eine Frau findet. Das Vreneli, auf das er früher ein Auge geworfen hatte, will nicht mehr. Er versucht es beim Tanzen, durch Inserate und durch eine Vermittlung: Keine will zu ihm auf seinen Berghof. Die Not macht erfinderisch: Er kommt zu einem Zuhälter in Zürich, der ihn zwar zuerst auslacht, aber dann doch den Auftrag annimmt, eine thailändische Bauerntochter herbeizuschaffen. Er akzeptiert sogar die Bedingung des Windleters, daß erst bezahlt wird, wenn „die Ware“ geliefert ist.

 

Tatsächlich kommt eines Tages auf dem Zürcher Flughafen ein zauberhaftes Geschöpf aus Thailand an, das selbstverständlich kein Wort Deutsch versteht und spricht. Der Zuhälter hat einen Beamten bestochen, das Mädchen Arunotai und Windleter gleich zu trauen. Mit der Frau Arunotai weiß der Windleter zunächst nicht umzugehen. Aber die Bäuerin Arunotai ist auf dem Hof sofort zu Hause. Sie kennt sich aus mit der Wirtschaft. Scheitern tut sie nur, als sie Reis anzupflanzen versucht. Die Zuneigung zwischen beiden wächst langsam, aber stetig.

 

Doch je besser es oben auf dem Hof des Windleters geht, je glücklicher dieser wirkt und je selbstverständlicher, ja selbstbewußter die „Windleterin“ sich im Dorf bewegt, desto heftiger ist die Reaktion der anderen Dorfbewohner. Das Vorurteil gegen die Fremde treibt üppigste und übelste Blüten. Die Eifersucht der Frauen und die Geilheit der Männer schaffen eine unerträglich feindliche Atmosphäre. Nur der Wirt, der den Dörflern so robust begegnen kann wie nötig und gleichzeitig sensibel genug ist für die Not seines Freundes Windleter, kann immer wieder vermitteln. Der Gemeindeschreiber Businger ist der Gefährlichste. Eines Sonntags, als der Pfarrer ihn wieder einmal attackiert hat und er ein Ventil für seinen Zorn braucht, verschafft er sich ein Alibi und fährt hinauf zur Windleterin, die er allein weiß.

 

Die tragische Liebesgeschichte ist anrührend und zugleich aggressiv erzählt. Die bornierten Dörfler werden nicht geschont. Aber die Schärfe und Einseitigkeit, mit der diese Figuren gezeichnet sind, ist nicht plump, sondern witzig und genau. Und eine Prise Ironie schützt das liebevoll beobachtete Paar vor jeder Sentimentalität.

Alfred Nathan

 

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Die TZ, München, schrieb am 25. Mai 1988 in fetten Lettern auf der Titelseite: „Star-Regisseur haarscharf am Tod vorbei.“ Was ist damals bei den Dreharbeiten passiert?

 

Werner Herzog sollte mit einem Jeep in hoher Geschwindigkeit über eine Brücke fahren. Er ist so gerast, daß der Jeep sich schon beim Anlaufholen überschlagen hat. Gott sei Dank ist Herzog zeitig abgesprungen. Der Unfall war leider im Off. Ich hätte ihn gerne im Film gehabt.

 

 

Stand Werner Herzog unter Schock?

 

Ich hatte den Eindruck, es hat ihn eher angestachelt. Werner Herzog liebt die Gefahr beim Drehen. Er schien nach dem Unfall erst richtig in seinem Element zu sein. „Film muß körperlich sein!“ (Herzog). Am Nachmittag, als wir die Szene drehten, in der er Arunotai Jitreekan von der Leiter schütteln sollte, mußten wir wegen seines Eifers die Rettungsflugwacht alarmieren.

 

 

Wie hat bei Ihnen alles angefangen?

 

Ich komme aus Stans, Nidwalden, einem Schweizer Voralpendorf. Geboren 1955 als Sohn eines Dorfpolizisten, des späteren kantonalen Polizeichefs. Das hatte für mich viele Konsequenzen.

 

Nach acht Jahren katholischer Klosterschule und einem Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Konkubinatsverbot wurde es mir zu eng. Ich seufzte und ging nach Deutschland. Berlin, Frankfurt am Main, Wiesbaden und München, später Zürich. Schließlich habe ich gemerkt, daß ich kein Stadtmensch bin und wollte zurück. Aber das alte Stans gab es nicht mehr.

 

Von einer Autobahn zerrissen, hat Stans heute den Charme einer verstädterten Agglomeration. Nidwalden wurde abgerissen und neugebaut. Sportfabriken, Schlafsilos, Hüslis, Fabrikbaracken, Einkaufszentren. Alles in austauschbarer Normarchitektur, doch ohne Kino und ohne das kulturelle Angebot einer Stadt. Fortschritt füllt die Hosentasche. Nicht den Kopf.

 

 

Wie sind Sie auf die Geschichte von „Gekauftes Glück“ gekommen?

 

Ich habe einen Fernsehbericht gesehen, über Schweizer Bergbauern, die keine Bäuerin finden. Viele sind mit fünfzig noch ledig. Ich habe keinen getroffen, der das freiwillig ist. Welche Frau will ein Leben ohne Ferien und ohne Feierabend verbringen? Am Ende der Welt? Welsche Bauern kaufen sich Frauen aus Guadeloupe, Martinique, Mauritius. Sie haben wenigstens das Privileg der gemeinsamen französischen Sprache. Mein Vorschlag: Ein Nidwaldner Bauer und eine Thailänderin! Gekauftes Glück erzählt eine Liebesgeschichte. Eine Liebesgeschichte mit der denkbar schlechtesten Voraussetzung, die zwei Menschen haben können: Mann kauft Frau, und sie haben keine gemeinsame Sprache. Eine Liebe mit Happy-End, würde sie nicht an der Engstirnigkeit der Mitmenschen scheitern. In einer Welt, wo es nur zwei Arten Menschen gibt: Wir, und die anderen. Hinzu kam, daß mich damals meine Freundin verlassen hat. Am Tag danach habe ich geschrieben und meine Wohnung einen Monat nicht verlassen.

 

 

Dann ist auch Privates ins Drehbuch geflossen?

 

Ich bin kein Bergbauer. Ich hätte mich an die Bäckerstochter gehalten. Eine freche, junge Weibsperson, die mit den Männern im Dorf umzugehen versteht.

 

Die Bergbauern in der Schweiz leiden keine wirkliche materielle Not. Aber ihr alter Wert, der eigene Grund und Boden, steht heute nicht mehr für Unabhängigkeit. Unabhängigkeit heißt bei jungen Frauen die eigene Mobilität. Und die, die zwanzig Jahre lang tapfer auf ihn gewartet hat, das Vreneli, sie will der Windleter jetzt, wo die Mutter endlich „im Boden“ ist, nicht mehr. Er will das Vreneli von damals, die Jugendliebe, aber damals war sie halt sechzehn und jung und schön.

 

 

Wann kam der Wunsch, die Geschichte nicht nur zu schreiben, sondern auch selbst zu verfilmen?

 

Von Anfang an. Ich habe das nie getrennt. Ich habe mir die Geschichte stets visuell und als Film vorgestellt. Ich wußte zwar nicht genau, wie, und was für Konsequenzen dieser Entscheid für mich haben wird, aber es war für mich immer klar, daß ich Gekauftes Glück selbst inszenieren wollte.

 

In Berlin nahm ich bei den beiden polnischen Altmeistern Krzysztof Kieślowski und Edward Żebrowski Unterricht in Regie, Arbeit mit Schauspielern vor der Kamera und szenischem Schreiben. Alles, was ich über das Inszenieren einer Spielszene und über Film weiß, weiß ich von Kieślowski und Żebrowski. Ich werde das Gesicht des Zürcher Kameraverleihers nie vergessen, als ich für meinen frühen Filmversuch Rotlicht! bei der Miete der Dollyschienen nach einer Weiche gefragt habe. – Ich denke, die polnische Schule hat handwerklich und geschmacklich ihre Spuren hinterlassen.

 

 

Welche Filme, welche Regisseure haben Sie am meisten beeinflußt?

 

Zu meinen wichtigsten Filmen zählt das Kino in Osteuropa während der Jahre des Prager Frühlings (Ostře sledované vlaky von Jiří Menzel, die frühen Filme von Miloś Forman) und später das englische Kino (Local Hero, Wish You Were Here, Cal). Aber ich mag auch Krimis wie French Connection. Und von allen am allermeisten schätze ich Cul-de-sac von Roman Polański, das verschrobene Drama an der herben Küste Northumberlands.

Alfred Nathan, Mainz, ist der ZDF-Redakteur von „Gekauftes Glück“

 

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Ein ländlicher Friedhof im Regen ist der Schauplatz für die erste und die letzte Szene des Films von Urs Odermatt. Zu Anfang steht der Windletenbauer am Grab seiner 78jährigen Mutter, beim zweiten Begräbnis ist es seine junge thailändische Ehefrau, die im Sarg liegt. Dazwischen spielt sich eine Geschichte ab, die die schweizerische Landbevölkerung in ihrer Beschränktheit, ihrer Enge und mit ihrem notorischen Fremdenhaß zeigt, und die im gegenwärtigen politischen Klima durchaus vorstellbar ist. Der Tod seiner Mutter gibt dem Nidwaldner Bergbauern endlich die Möglichkeit, eine eigene Frau in das entlegene kleine Bauernheimet zu führen, in dem für zwei Frauen kein Platz war. Die Brautschau, genährt von romantischen Vorstellungen und unterdrückten sexuellen Phantasien, vollzieht sich unter der regen Anteilnahme der gesamten dörflichen Bevölkerung. Die meisten erwarten selbstverständlich vom Windletenbauer, daß er sein Gschpönli aus der Kindheit, das Vreneli, wählt. Aber wohl allzusehr gemahnt sie in ihrer bäuerlichen Strenge an die verstorbene Mutter. In ihm lebt eine Sehnsucht nach Jugend und Unberührtheit, die seine Nachbarn in der ihnen eigenen Unverblümtheit als Gier nach jungem Fleisch denunzieren. Er wäre ein echter Sohn seiner Landschaft nicht, besäße er nicht diesen Starrsinn, an seinen Träumen hartnäckig festzuhalten. Seine Suche führt ihn von der Tanzveranstaltung in Stans über die Wohnung einer professionellen Heiratsvermittlerin (eine großartige Rolle für Helen Vita) bis zu dem gerissenen Frauenhändler, der für ihn eine thailändische Bauerntochter importiert. Die Trauung wird sofort nach Ankunft der Braut auf dem Standesamt vollzogen, das gekaufte Glück kann seinen Lauf nehmen. Während sich die beiden so ungleichen Ehepartner auf dem entlegenen Bauernhof einander zaghaft nähern, ist im Dorf der Teufel los. Neid, Mißgunst und unverhohlene Eifersucht treten zutage. Unter dem Deckmantel christlicher Empörung werden die eigenen unterdrückten sexuellen Begierden auf die beiden projiziert. Auf dem Postamt und im Wirtshaus wird gehechelt und spekuliert, welch abartigen, ungezügelten fleischlichen Genüssen sich wohl der Windleter mit seiner schlitzäugigen Konkubine hingeben mag. Auf dem Berg entfaltet sich indessen die sprachlose Romanze zwischen dem dickschädeligen, sanftmütigen Innerschweizer und seiner stets leicht frierenden, scheuen Asiatin. Es ist seine unbekümmerte Naivität, die ihnen zum Verhängnis wird. Zu gleichmütig ist er, die bedrohlichen Anzeichen zu deuten. In welcher Sprache sollte ihm seine Ehefrau auch vermitteln, auf welches Ausmaß von Haß sie trifft, wenn sie mit ihrem Velo ins Dorf fährt. Mit welcher Aggressivität und ungezügelter Gier ihr der Gemeindeschreiber, der sex maniac des Dorfs nachstellt (in der auffallenden Unbekümmertheit und Spielfreude, mit der alle Schauspieler in dem Film agieren, schießt der deutsche Regisseur Werner Herzog in dieser Rolle den Vogel ab, indem er fast eine Parodie auf seinen eigenen Lieblingsbösewicht Kinski abliefert).

 

Während der Windleter bei seinem sonntäglichen Wirtshausbesuch zur Verteidigung seiner Ehre eine zünftige Schlägerei inszeniert, vollzieht sich auf seinem Hof der letzte Akt des Dramas. Wohl wissend, daß er sie alleine antreffen würde, versucht der lüsterne Gemeindeschreiber, die Thailänderin mit Gewalt zu mißbrauchen und tötet sie dabei. Am Ende des Films ist also der Bergbauer wieder allein; umgeben von der gleichen bigotten und heuchlerischen Dorfclique, die schon seine Mutter zu Grabe getragen hat. Das Verbrechen wird zweifellos nicht gesühnt werden; seine Träume sind zerschellt an der engstirnigen Realität seines Heimatorts.

Dr. Carola Fischer

Cinema 35, Zürich

 

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Wie sind Sie auf das Thema von „Gekauftes Glück“ gestoßen?

 

Es ist eine Realität, daß Bauern in den Bergen keine Frauen finden. In Isenthal war der Frauenmangel so prekär, daß die Bauern die weibliche Filmcrew am liebsten behalten hätten!

 

 

Wollten Sie dazu einen reinen Unterhaltungsfilm drehen?

 

Ich habe genau den Film gemacht, den ich selbst gerne im Kino sehen möchte.

 

 

Warum gönnen Sie uns kein Happy-End?

 

Das entspricht nicht meiner Weltsicht. Ich habe nicht das Gefühl, daß die Leute dazulernen, daß die Zukunft besser wird. Ich bin eher vom Gegenteil überzeugt. Ich lasse mich aber gerne überraschen. In der Zwischenzeit hilft Gelassenheit und Galgenhumor beim Abwarten.

Roland Vogler

Neue Zürcher Nachrichten, 21. Juni 1989

 

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Aber ich hatte im selben Maße auch Glück. Bei Dreharbeiten in der Schweiz für den Film Gekauftes Glück von Urs Odermatt spielte ich Jahre später einen Bösewicht, es war wohl 1987. In einer Szene flieht der garstige Unhold, den ich schauspielerte, in seinem offenen Jeep von einem Einödhof ins Tal. Dabei hatte ich eine sehr schmale Brücke über eine Schlucht mit einem Wildbach zu überqueren. Ich fuhr in ziemlich hohem Tempo, aber Odermatt, der Regisseur, meinte, das habe nach nichts ausgesehen, ob das vielleicht viel schneller gehen könne? Ich beschleunigte daraufhin beim nächsten Take so sehr, daß der Wagen auf dem Sand des steilen Waldwegs ins Schleudern geriet. Außer Kontrolle durchbrach der Jeep das eiserne Geländer der Brücke, aber wie durch ein Wunder bohrte sich eine der Eisenstangen durch den Motorraum, hielt das Auto fest und bog sich bloß mit dem aufgespießten Gefährt seitlich nach unten, als wolle es mich wie eine Ladung Müll auskippen. Wie ich mich am Lenkrad festhalten konnte, ist mir bis heute nicht klar. Allerdings war ich beim Aufprall mit meiner Seite gegen das Lenkrad geprallt und bekam davon eine Nierenkolik. Walter Saxer, der die Produktion leitete, fuhr mich erschrocken zum nächsten Landarzt. Die Polaroidphotos, die ich von der Unfallstelle besitze, sehen unwirklich aus, unentzifferbar, ein seltsames, großes Insekt, das ein Gespinst von Eisen durchbrochen hat. Tiefer darunter glänzen die sehr großen, vom Wildbach glattgeschliffenen Felsen.

Werner Herzog

Jeder für sich und Gott gegen alle, Erinnerungen

Hanser Verlag, München 2022

Pfarrer Barmettler

Ich würde gerne deine..., deine zukünftige Frau fragen, ob sie an Gott den Allmächtigen glaubt und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, der auf die Welt gekommen ist und so weiter und so weiter.

 

Windleter

Das tut sie sicher. Schaut sie doch an.

 

Pfarrer Barmettler

Wie verständigt ihr euch, wenn ihr kein Wort miteinander sprechen könnt? Nidwaldner Deutsch kann sie bestimmt nicht.

 

Windleter

Alles in Ordnung. Wir verstehen uns. Zwischen Ihnen und dem Herrgott scheint es auch ganz gut zu klappen.

 

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Hatten Sie Mühe, diesen Innerschweizer Bergbauern zu spielen?

 

Überhaupt nicht. Ich komme aus Graz, war aber als Kind sehr oft auf dem Land in der Oststeiermark. Mein Vater stammte aus den Bergen. Ich habe deshalb eine große persönliche Beziehung zum Landleben und habe mich in der Rolle des Windleter total wohl gefühlt.

 

 

Dann war der Mist echt?

 

Und wie, auch die Gülle! Der Bauer, auf dessen Hof wir drehten, war ein wirklich lieber Mensch. Er hat mich sofort als seinesgleichen akzeptiert.

 

 

Wie haben Sie sich mit Arunotai Jitreekan verständigt?

 

Sie hatte eine Übersetzerin bei sich. Aber Arunotai hatte anfänglich einen Kulturschock und Berührungsängste. Sie brauchte einige Zeit, bis sie begriff, daß sich die Hand reichen und Umarmungen in einem europäischen Filmteam üblich sind.

 

 

Hatten Sie nicht Bedenken, unter einem unerfahrenen Regisseur zu spielen?

 

Das Buch hat mir so gut gefallen, daß ich absolut keine Bedenken hatte. Urs Odermatt hat sehr gut mit den Schauspielern gearbeitet und sich viel Zeit dafür genommen.

Helmuth Zipperlen

Ein Grazer als Nidwaldner –

Gespräch mit Wolfram Berger

Solothurner Zeitung, 1.Juni 1989

 

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Urs Odermatt und Rainer Klausmann praktizieren, was in der internationalen Filmwelt gang und gäbe ist (Bergman / Nykvyst u.a.): Sie bilden ein Team. Odermatt schreibt das Drehbuch oder bearbeitet einen fremden Stoff, und er führt Regie. Klausmann sorgt für die Bilder. Das bedeutet, daß beide die gleiche Wellenlänge haben.

Helmuth Zipperlen

Solothurner Zeitung, 1. Juni 1989

 

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Als ich bei euch auf dem Flughafen ankam, haben mich die Beamten durchsucht und behandelt wie ein Tier. Die Leute in Europa dürfen nicht denken, daß alle thailändischen Mädchen Prostituierte sind. Nur ganz wenige machen sowas, und dann auch nur, weil sie ihre Familie ernähren müssen. Thailändische Frauen sind sehr sittsam und anständig, und ich hoffe, daß das der Film, den ich bei euch gedreht habe, deutlich gemacht hat.

Arunotai Jetreekan

Tip, Berlin, 18/1989

 

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Die Kußszene war etwas völlig neues für mich. Das ist bei uns in Thailand nicht üblich.

Arunotai Jitreekan

Schweizer Illustrierte, Zürich, 25/1989

 

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Viele Bergbauern haben nur die Seilbahn. Das Seil wird bergseits bedient. Einer muß auf dem Hof bleiben. Meistens die Bäuerin.

Urs Odermatt

 

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Einen solchen Andrang hat das Kino Leuzinger in Altdorf noch nie erlebt: Alle fünfhundert Sitzplätze besetzt. Und auf allen Seiten dichtgedrängt stehende Menschentrauben. Hausrekord!

Bea Emmenegger

Sonntagszeitung, Zürich, 4. Juni 1989

 

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Kein Bauer im Kino fand den Frauenkauf falsch. Nur der Kaufpreis sei zu hoch.

Urs Odermatt

 

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„Hirschen“-Wirt

...sonst gehe ich mit deiner Frau ins Bett, mache deiner Tochter ein Kind und vergifte deinen gottverdammten Bernhardinerhund. – Wenn das alles nichts nützt, mache ich dem Hurenbock einen Kratzer ins Auto.

 

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Die Expertenkommission der Sektion Film des Eidgenössischen Departements des Innern verweigert dem mit über 70’000 Zuschauern erfolgreichsten Schweizer Film 1989, Gekauftes Glück, eine Qualitätsprämie. Laut Auskunft von Madeleine Fonjallaz vom Bundesamt für Kultur sehen die Experten in Gekauftes Glück keine filmgestalterischen Qualitäten und bemängeln unter anderem eine angeblich schlechte Schauspielführung. Dies steht im krassen Gegensatz zur deutschen Filmbewertungsstelle, die Gekauftes Glück das Prädikat „wertvoll“ zugesprochen hat. Die Verweigerung der eidgenössischen Qualitätsanerkennung ist durchaus ungewöhnlich, hat es sich doch eingebürgert, daß das Bundesamt für Kultur fast alle einheimischen Regisseure, deren Film den Weg in die Kinos gefunden hat, mit einer Prämie zum Weitermachen ermuntert.

Helmuth Zipperlen

Solothurner Zeitung, 5. Dezember 1989

 

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Ich fragte die Isenthaler Blasmusik, ob sie bei der Beerdigung in der Eröffnungsszene Chopins Marche funèbre spielen. Sie übten und übten und wurden viel zu gut. Ich mußte sie morgens um sechs für die Aufnahme um acht auf den Friedhof bestellen, damit sie naß und durchfroren wunderbar schlecht spielten. Liebe Blasmusik, die ersten Runde heute abend geht an mich!

Urs Odermatt

Gemeindesaal Isenthal, 2. März 2017

 

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Argwohn auf Vorschuß kenne ich seit Gekauftes Glück: Der Dorfsozi – oft der Dorflehrer – war skeptisch; sozial relevanten Themen werde ein dialektischer Dokumentarfilm besser gerecht, hieß es. Die Bauern und Handwerker in Isenthal ließen uns machen; wir lebten in einem freien Land, das gälte auch für Künstler. Heute spricht der Dorfsozi ein Ablaßbier und das Ehrenwort, jetzt sei alles entspannt und modern!

Urs Odermatt

Brotfabrik Berlin-Weißensee, 2018

 

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Stoff und Drehbuch: ja! Einer Regie von Urs Odermatt werden wir aber nicht zustimmen.

Max Peter Ammann

Leiter Abt. Dramatik

Schweizer Fernsehen, 8. Februar 1985

 

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Das Drehbuch bietet ein überaus eindrucksvolles Leseerlebnis, weil es mit einer hierzulande kaum bekannten Brillanz geschrieben ist.

Lutz Kleinselbeck

Abt. Dramatik

Schweizer Fernsehen, 5. Oktober 1987

 

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Das Drehbuch haben wir in Mainz schon lange. Aber Urs Odermatt wollte unbedingt selbst Regie führen – er ist ein sehr kräftiger, willensstarker Bursche. Wir beobachteten eine Zeitlang seine Arbeiten. Als wir genügend Vertrauen hatten, ließen wir ihn ran. Es gelang ihm, die schlimme Geschichte ohne Pathos und mit Begabung fürs Groteske und Lyrische zu inszenieren.

Alfred Nathan

in: Südkurier, Konstanz, 22. April 1991

 

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Nach der Vorführung im Kino in Buochs packte mich ein Nidwaldner am Kragen und schrie mir ins Gesicht: „Aso so-n-ä huärä Spraach hemmer de hiä hinnä nid!“

Urs Odermatt

Berner Zeitung, 20. November 1989

Gekauftes Glück