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Als 1954 mit großer Begeisterung der Autobahnbau durch Nidwalden beschlossen wurde, regte Josef (Beppi) von Matt, damals freiwilliger Programmvermittler für das in den Kinderschuhen steckende Schweizer Fernsehen, an, eine Filmdokumentation über das Teilstück zwischen Hergiswil und Stansstad aufzunehmen. Da professionelle Kamerateams fehlten, kaufte Josef von Matt kurzerhand eine Occasionskamera, und Arnold Odermatt, hauptberuflich Polizist, besuchte einen Kurs beim Chefkameramann des Schweizer Fernsehens.

 

Es war den beiden aber nicht möglich, einen „richtigen“ Film zu disponieren. Es entstanden zwar etwa dreitausend Meter Film, und ein Profi vom Fernsehen übernahm den Schnitt, aber das fertige Produkt konnte nicht überzeugen. Auch in Nidwalden zeigte niemand Interesse an dem filmischen Dokument, so daß es in einer Schublade verstaubte.

 

Viele Jahre später setzte Arnold Odermatt alle Filmenden wieder zusammen, und sein Sohn Urs Odermatt, inzwischen Regisseur mit Erfahrung (Gekauftes Glück), nahm einen neuen Rohschnitt vor. Kantonsingenieur Reto Zobrist und der Leiter des Bundesamts für Straßenbau, Moritz Suter, denen das Material vorgeführt wurde, erkannten den dokumentarischen Wert des Films, und Suter gab den Auftrag, dem Film eine neue Form zu geben.

 

Arnold Odermatt fügte einen farbigen Teil hinzu, Heinz Meier verfaßte den Text, den Tino Arnold für den Film bearbeitete und die Sprecherrolle übernahm. Urs Odermatt stellte mit weiteren Fachleuten das ganze fertig. So ist ein Dokument entstanden, das vor allem in Nidwalden sehr viele Menschen interessieren dürfte. Sei es, weil sie den Bau selbst miterlebt haben, oder aus Neugier, wie damals ein solches Werk überhaupt entstehen konnte.

ena.

Im Film wird die Autobahn nochmals gebaut

Luzerner Neueste Nachrichten, 2. Oktober 1991

 

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Früher brauchten Pionierbauwerke weniger Zeit

 

Die Achereggbrücke am Lopper überquert die zweihundert Meter breite See-Enge zwischen Vierwaldstättersee und Alpnachersee bei Stansstad. Sie ersetzt die aus dem Jahr 1914 stammende Drehbrücke für den Lokalverkehr und trägt die neue Autobahn Basel-Chiasso sowie die Luzern-Stans-Engelberg-Bahn. An der Landsgemeinde 1954 in Oberdorf beschloß das Nidwaldner Volk den Bau dieser Autobahn. Dadurch wurde der Kanton Nidwalden dauernd mit seinem westlichen Teil sowie mit Luzern verbunden. Die Autobahn A2 von Luzern nach Nidwalden gehört zu den ersten Autobahnabschnitten, die in der Schweiz gebaut wurden. Deshalb waren anfangs der sechziger Jahre für den Straßen- wie für den Brückenbau viele Pionierleistungen zu erbringen, die die Ingenieure und Bauunternehmer herausforderten.

 

Damals fiel auch der grundsätzliche Entscheid, die Stansstad-Engelberg-Bahn nach Hergiswil zu verlängern und an die Brünigbahn anzuschließen. Dies ermöglichte direkte Zugverbindungen von Luzern nach Engelberg. Im diesem Zusammenhang sollte auch die Ortsverbindungsstraße Hergiswil-Acheregg-Stansstad neu gestaltet werden. Die neue Achereggbrücke mußte diese drei Verkehrsträger so über den See führen, daß die umgebauten Passagierschiffe durch ein Lichtraumprofil von siebeneinhalb Metern Höhe und vierzig Metern Breite ungestört unter ihr passieren konnten. Dies galt auch für die Sommersaison während des Baus der Brücke, was eine zusätzliche Herausforderung für Projektierung und Bauausführung bedeutete.

 

Um die vielen komplexen Anforderungen für die neue Achereggbrücke optimal erfüllen zu können, wurde ein Projektwettbewerb unter eingeladenen, erfahrenen Ingenieurbureaux durchgeführt. Dank seinem Einsatz im Ingenieurbureau Hans Eichenberger als Projektleiter bei Projektierung und Bau der Weinlandbrücke Andelfingen (1956-1958) wurde der Unterzeichnende ebenfalls eingeladen, obwohl sein Ingenieurbureau erst am 1. September 1959 gegründet worden war, also weniger als ein Jahr zuvor. Der Brückenwettbewerb dauerte von Juli bis Oktober 1960. Die Jury entschied am 9. Dezember 1960, unserem Projekt den ersten Preis zu geben. Ausschlaggebend war unsere Idee, Bahn- und Lokalstraße auf einem Brückentragwerk zu führen, wodurch die Bahnlasten wegen der Querverteilung vom ganzen Brückenüberbau getragen wurden, was wirtschaftlicher ist. Die Konkurrenten hatten alle eine selbständige Brücke nur für die Bahn vorgeschlagen, die aber wegen der erforderlichen größeren Konstruktionshöhe oben über das Niveau der Brücken für Autobahn und Lokalstraße herausgeragt hätte, weil unten wegen der Schiffahrt kein Platz war. Mit unserer Idee waren wir nicht nur wirtschaftlicher, sondern ermöglichten ein einheitliches Erscheinungsbild aller Brückenüberbauten.

 

Bereits am 9. Mai 1961 war Baubeginn. Vom Beginn des Wettbewerbs bis zum Start der Bauarbeiten dauerte es nur zehn Monate. Das war ein Rekord, der nie mehr unterboten wurde und heute völlig undenkbar ist. Dafür sorgte in erster Linie der damalige dynamische Baudirektor, Regierungsrat August Albrecht. Dank der kurzen Entscheidungswege in der Organisation des Baudepartements wurden, auch während des Baus, alle anstehenden Fragen stets sofort entschieden. Auch der Kontakt mit dem damaligen Bundesamt für Straßen- und Flußbau unter Direktor Robert Ruckli war intensiv. Vertreter dieser Behörde waren sehr oft auf der Baustelle, um Erfahrungen zu sammeln.

 

Die Wahl der geeignetsten Fundationsmethode in der jungen Ablagerung der Engelberger Aa war eines unserer Hauptprobleme. Ausgeführt wurde schließlich eine hochliegende Fundation mittels Druckluftcaissons. Dies bedeutete für alle Beteiligten eine große Pionierleistung. Um die Kote dieser Fundation präzise zu bestimmen, stieg der damalige Professor für Grund- und Wasserbau an der ETH Zürich, Gerold Schnitter, selbst durch Rohr in den abenteuerlichen Arbeitsraum im Senkkasten, des Caissons.

 

Der Überbau der zwei Autobahnbrücken sowie der kombinierten Bahn-Straßenbrücke wurde in der noch sehr jungen Bauweise mittels Spannbeton erstellt und nach dem schweizerischen BBRV-System mit 220-Tonnen-Kabeln vorgespannt. Um über die raschen Entwicklungen dieser neuen, schlanken Bauweise à jour zu sein, war für die Ingenieure die Teilnahme an internationalen Fachkongressen unabdingbar. Wegen der zu erwartenden unterschiedlichen Setzungen, aber auch wegen der Anforderungen der Schiffahrt wurde jede der drei Überbauten durch Anordnung von zwei Einhängeträgern im zweiten und vierten Feld als Gerberträgersystem ausgebildet. Durch die Wahl der erstmals angewendeten Gummitopflager konnte der Überbau den Setzungsdifferenzen ohne Zwängungen folgen.

 

Es können hier nicht alle Probleme erwähnt werden, die pionierhaft zu lösen waren. Alle Beteiligten konnten viele neue Erfahrungen sammeln, die bei späteren Brückenwettbewerben maßgeblich zur weiteren Entwicklung des Brückenbaus beitrugen.

Dialma Jakob Bänziger

Originalbeitrag zum Beiheft der Director’s Edition von „Lopper“

Richterswil, 6. Juni 2015

 

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Beim Wettbewerb für die Achereggbrücke im Jahr 1960 arbeiteten Sie mit Vorspannbeton, der damals in den Kinderschuhen steckte. Bei der Erweiterung der Achereggbrücke arbeiten Sie mit Stahlkästen im Verbund mit Beton. Gibt es eine neue Brückengeneration?

 

In der Schweiz wurden ab 1900 Eisenbetonbrücken gebaut. Es waren vorwiegend Bogenbrücken, daneben Plattenbalken und Plattenbrücken. Bei der Eisenbetonkonstruktion wirkt nur ein Teil des Betons tragend mit. Das Revolutionäre beim Vorspannbeton ist, daß der Beton durch die vorgespannten Kabel so zusammengedrückt wird, daß er nirgends Zugspannungen erhält. So arbeitet der ganze Betonquerschnitt tragend mit und kann schlanker gehalten werden.

 

 

Beim Vorspannbeton hat es trotzdem Armierungseisen im Beton?

 

Ja. Beim Spannbeton gab es zwei Entwicklungen. Zuerst wurde der voll vorgespannte Beton verwendet, wie bei der Achereggbrücke. Da gibt es keine rechnerische Zugspannung mehr. Es ist nur eine leichte, konstruktive, schlaffe Armierung notwendig. Später gab es die Entwicklung zum teilweise vorgespannten Beton – man läßt gewisse Zugspannungen zu, die mit schlaffer Armierung aufgenommen werden. Er ist also eine Kombination von Spannbeton und Stahlbeton, die weniger Spannkabel benötigt und deshalb kostengünstiger ist. Diese Methode wurde beim Lehnenviadukt in Beckenried angewendet.

 

 

Sie reden von kostengünstig. Wie stark beeinflussen Kosten und Bauzeit die Brückenprojekte?

 

Diese Bedingungen hatten einen großen Einfluß: Bei der Achereggbrücke mußte die Baustelle vom Frühling bis Herbst für die Dampfschiffe passierbar sein. Das bestimmte Bauvorgang und Bauprogramm. Beim Lehnenviadukt bestimmte die große Länge von 3,15 Kilometern das Bauverfahren. Gewählt wurde eine feldweise Taktbauweise mit einem ausgeklügelten Vorschubgerüst, die es gestattete, jede Woche fünfundfünfzig Meter Brückenüberbau bei den Zwillingsbrücken herzustellen. Damit konnte mit stets denselben, relativ kleinen Equipen sehr rationell gearbeitet werden.

 

Wenn wir bei der Erweiterung der Achereggbrücke Stahlkästen auf die Pfeiler montieren und darauf mittels eines Schalungswagens im Takt die Betonplatte im Verbund mit dem Stahl herstellen, ist das damit begründet, daß die Gesamtprojektleitung des Kirchenwaldtunnels für die Brücke ein halbes Jahr weniger Bauzeit zur Verfügung stellte, als es die konventionelle Baumethode erfordert hätte.

 

 

Dazu kommt die Lohnentwicklung, die im Vergleich zum Material heute mehr auf die Kosten schlägt?

 

Bei der Achereggbrücke war noch sehr viel Handarbeit, die Lohnkosten fielen damals nicht so stark ins Gewicht. Das Material war im Verhältnis zum Lohn teurer. Meine Ingenieurgeneration ist an der Hochschule wie in der frühen Praxis erzogen worden, alle Konstruktionen mit einem Minimum an Material zu entwerfen. Wenn eine komplizierte Konstruktion mehr Arbeitszeit erforderte, war dies weniger schlimm als hohe Materialkosten. Heute ist es umgekehrt. Die Löhne sind stark gestiegen. Das Material blieb preislich gleich oder wurde zum Teil billiger. Dies führte dazu, daß man Konstruktionen und Bauvorgänge wählt, die wenig Arbeitsstunden brauchen. Der Aufwand an Arbeitsstunden je Quadratmeter Brückenfläche betrug 1961/64 bei der Achereggbrücke dreißig bis vierzig Stunden und 1976/80 beim Lehnenviadukt fünfzehn Arbeitsstunden.

 

 

Zeit und wirtschaftliche Bauweise hat bei der Erweiterung der Achereggbrücke den Ausschlag gegeben?

 

Die neue Brücke hat verschiedene Anforderungen zu erfüllen: Sie muß auf der Alpnacher Seite mit der bestehenden Brücke zu einer Gesamtbrückentafel verbunden werden. Dazu kommt ein sehr gedrängtes Bauprogramm, das vom Tunnelbau diktiert wird. Mit einer konventionellen Spannbetonbrücke wäre dies nur möglich gewesen, wenn zweischichtig hätte gearbeitet werden können, was nicht bewilligt wurde. Deshalb kamen wir auf die Stahlverbundkonstruktion.

 

 

Sie sind Spannbetonspezialist – tut es Ihnen nicht weh, neben der Achereggbrücke aus Beton Stahl zu sehen?

 

Der Stahlverbund hat eine analoge Betonplatte wie die bisherigen Brücken. Außerdem wurde der Stahlkasten in der Gestaltung den bisherigen Betonkästen angepaßt. Ein Nichtfachmann kann auf den ersten Blick den Unterschied nicht erkennen. Andererseits hat die Stahlverbundbrücke verschiedene Vorteile: Sie ist rascher, sie ist leichter, was sich vorteilhaft auf die Fundationen auswirkt. Sie kann dort eingesetzt werden, wo für das Lehrgerüst keine Höhe zur Verfügung steht, oder wo das Lehrgerüst unverhältnismäßig teuer wäre. Außerdem kann der Stahlträger als Fachwerkträger oder als Raumfachwerk sehr filigran gestaltet werden. Preislich hat sich die Verbundbrücke der konventionellen angeglichen.

 

 

Wie lange halten die Brücken des 20. Jahrhunderts? Ich denke an neuere Brücken im Kanton Uri – in den letzten Jahren ist Salz als Feind des Eisens dazu gekommen?

 

Werden die Brücken richtig gebaut und unterhalten, wird eine Lebensdauer von achtzig bis hundert Jahren garantiert. Wie jedes Einfamilienhaus Unterhalt benötigt, ist dies auch bei jeder Brücke der Fall. Deshalb müssen die Brücken periodisch durch Fachleute inspiziert werden. In Abständen von fünfundzwanzig Jahren fallen größere Unterhaltsarbeiten an, die vor allem das Ersetzen der Verschleißteile beinhalten. Dies sind hauptsächlich Abdichtung und Belag sowie Fahrbahnübergänge und Lager. Beim Lehnenviadukt Beckenried werden zur Zeit die Fahrbahnübergänge ausgewechselt und die Tropfnase der Betonborde instand gesetzt.

 

Gesalzen wird für die Schwarzräumung seit 1965. Die schädlichen Auswirkungen wurden ab 1970 bekannt. Dies sind der Temperaturschock beim Salzen, der kleine Risse im Beton verursacht sowie das Eindringen von Chloridionen bis zu den Armierungseisen, wo sie Korrosion bewirken. Der Zeitgeist in den sechziger Jahren, wo es auf dünne und leichte Konstruktionen ankam, war von den Wettbewerbsjurys direkt gesteuert. Jetzt wurde er abgelöst. Seit die Schäden bekannt und analysiert sind, steht die Dauerhaftigkeit einer Konstruktion im Vordergrund. Diese wird erreicht durch eine größere Überdeckung der Armierungseisen, was zu dickeren Konstruktionen führt. Dazu kommt die Anwendung eines möglichst dichten Betons. Außerdem bekommt heute jede Brücke eine wasserdichte Abdichtung und einen Asphaltbeton- oder Gußasphaltbelag von neun bis zehn cm Stärke, mit einem besonderen Randanschluß. Früher gab es keine Abdichtung und nur einen etwa fünf cm dicken Walzasphaltbelag. Heute ist es deshalb möglich, für eine lange Lebensdauer der Brückenbauten zu garantieren, immer unter der Voraussetzung, daß dem Unterhalt die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Gespräch mit dem Brückenbauer Dialma Jakob Bänziger

A2-Infoblatt 2, Tiefbauamt des Kantons Nidwalden, Stans, 30. April 1999

 

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Bis tief ins 19. Jahrhundert war der Kanton Nidwalden nur auf dem Seeweg erreichbar; eine Ausnahme bildete Hergiswil. 1837 wurde die Dampfschiffahrt auf dem Vierwaldstättersee eröffnet, jedoch erst in den Jahren 1857 bis 1862 die erste Lopperstraße für den Verkehr von Luzern in Richtung Brünig gebaut. Gleichzeitig wurde 1860 eine erste Straßenbrücke über die See-Enge Acheregg erstellt. Es war eine Zugbrücke, die damals für eine Pauschale von 31’000 Franken gebaut wurde. 1887 wurde diese Brücke in eine Drehbrücke umgebaut, um die Schiffahrtsöffnung zu vergrößern. 1914 erfolgte der Ersatz durch eine schwere Stahlkonstruktion, ebenfalls eine Drehbrücke, die bis 1963 ihren Dienst versah.

 

Die Geschichte dieses Seeübergangs ist für Nidwalden deshalb so entscheidend, weil die Achereggbrücke, wie sie heute noch heißt, der einzige Straßenzugang zu Nidwalden war, abgesehen von der lange Zeit schlechten Straße aus dem Obwaldnerland von Sarnen über Kerns nach Ennetmoos und weiter nach Stans. Der Kanton war ein abgelegenes Binnenland, nur mühsam erreichbar, ohne wesentliche Industrie, landfluchtgefährdet und ohne direkten Bahnanschluß. Wer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, bestieg in Luzern das Schiff, fuhr nach Stansstad und von dort mit der alten Stansstad-Engelberg-Bahn an seinen Bestimmungsort. Auch der ganze Güterverkehr mußte, soweit er nicht auf der Straße abgewickelt wurde, diesen beschwerlichen Weg nehmen.

 

Der immer stärker werdende Motorfahrzeugverkehr, die allsonntäglichen Verkehrszusammenbrüche am Lopper bereits in den fünfziger Jahren und vor allem die wirtschaftliche Situation erforderten Taten. Nachdem schon in den vierziger Jahren die Idee einer linksufrigen Vierwaldstätterseestraße zu reifen begann und diese sich als kürzeste zentralschweizerische Verbindung in die Nord-Süd-Achse E9 Basel-Chiasso einpassen ließ, mußte auch an eine Erschließung von Süden und an den daraus resultierenden Transitverkehr gedacht werden.

 

An einer denkwürdigen Landsgemeinde wurde bereits 1954 die gesetzliche Grundlage für eine moderne Verkehrserschließung geschaffen. 1956 ist in der außerordentlichen Landsgemeinde das heutige Konzept der Autobahn von der Kantonsgrenze Luzern über Hergiswil-Lopper-Achereggbrücke-Stansstad nach Stans wie auch die Sanierung der alten Stansstad-Engelberg-Bahn durch den Bau des 1760 Meter langen Loppertunnels und der Zusammenschluß mit der SBB-Brüniglinie in Hergiswil einmütig beschlossen worden. Die weitsichtige Erkenntnis, die diesem Volksbeschluß zugrunde lag, stellt dem damaligen Souverän ein großartiges Zeugnis aus. Es war für Nidwalden staatspolitisch eine der bedeutsamsten Entscheidungen dieses Jahrhunderts.

 

Die Autobahn wurde 1958 als kantonale Hauptstraße Nr. 4 begonnen und erst 1960 mit der Inkraftsetzung der Nationalstraßengesetzgebung ins schweizerische Nationalstraßennetz aufgenommen. Es fehlten bei der Projektierung einschlägige Normen und jede Erfahrung mit der Trassierung in gebirgigen und topographisch engen Verhältnissen. So weist die Autobahn im Raum Lopper Kurvenradien von teilweise nur dreihundert Metern auf. Die Fahrbahnbreiten betrugen zweimal sieben Meter ohne Standstreifen. Die damalige Anlage galt gesamtschweizerisch als großzügig und vermochte dem Verkehr achtzehn Jahre lang vollumfänglich zu genügen. Zusammen mit dem Teilstück Horw-Luzern, das einige Jahre früher in Betrieb genommen wurde, war dies die erste Autobahn der Schweiz. Die neue Achereggbrücke wurde Ende 1963 dem Verkehr übergeben, 1966 war Stans mit Luzern durchgehend mit einer Autobahn verbunden.

 

Das Nationalstraßenkonzept sah 1960 die Fortsetzung der N2 ab Stans längs des linken Ufers bis Göschenen als zweispurige Straße vor. Erst 1964 erfolgte auf Bundesebene die Aufwertung zur vierspurigen Autobahn. Damit war die Grundlage für die leistungsfähige Erschließung des Kantons von Süden her geschaffen. Brachte die erste Etappe der Verkehrserschließung, die ein kantonaler Entscheid war, dem Kanton eine starke wirtschaftliche Entwicklung und eine große Wohnbautätigkeit, so hat der Beschluß auf Bundesebene einen Strukturwandel zur Folge. Der Binnenkanton – verkehrstechnisch eine Sackgasse –, wurde Ende 1980 zum Durchgangsland und liegt nun an einer der bedeutendsten internationalen Verkehrsachsen Europas. Nach der Prüfung verschiedener Varianten für die linksufrige Vierwaldstätterseeautobahn wurde die heutige Linienführung mit einem 3,2 km langen Lehnenviadukt in Beckenried und dem 9,3 km langen doppelröhrigen Seelisbergtunnel gewählt. Beides sind auch gesamteuropäisch Superlativbauten, deren Zweckmäßigkeit nach anderthalb Betriebsjahren erwiesen ist.

 

Es ist zurzeit wichtigste Aufgabe, die positiven Auswirkungen dieser Situation zu fördern, die negativen Seiten jedoch gezielt einzudämmen und im Griff zu behalten. Die negativste Auswirkung des Durchgangsverkehrs sind zweifellos die zusätzlichen Lärmimmissionen. Obwohl bei der Planung vor fünfundzwanzig Jahren die Autobahn außerhalb der Dörfer vorbeiführte – was damals innenpolitische Spannungen auslöste –, hat man die starke Wohnbautätigkeit und die beschränkten Expansionsrichtungen der Gemeinden zu wenig berücksichtigt. Diese Bautätigkeit war ja gerade eine Folge der besseren Verkehrserschließung. Die einstigen Umfahrungen von Hergiswil und Stansstad führen heute mitten durch diese Dörfer, so daß gewaltige Aufwendungen für Lärmschutzbauten notwendig wurden. Man hat die Gelegenheit wahrgenommen und gleichzeitig das Normalprofil der Autobahn den heutigen Anforderungen angepaßt. (...)

Reto Zobrist, Kantonsingenieur

Die N2 in Nidwalden

Straße und Verkehr, Zürich, 9/1982

Hergiswil, 1966

Hergiswil, 1966

Damals gab es auf der Autobahn wenig Verkehr. Um eine schöne Aufnahme zu bekommen, habe ich für eine Stunde Autobahn und Lokalstraße gesperrt, die Luzern-Stans-Engelberg-Bahn gestoppt und die Schiffspassage blockiert. So kam später Leben in die Sache.

Arnold Odermatt

 

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Heute will sich keiner mehr an die riesige Begeisterung für die Autobahn erinnern.

Josef von Matt

 

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Die Wohnungen in den neuen Häusern waren viel teurer. Wegen der freien Sicht auf die Autobahn. Später wurden sie billiger. Wegen der Sicht auf die Lärmschutzwand.

Arnold Odermatt

 

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Stau – dieses Wort gehörte 1962 nicht zum Alltagsvokabular des Automobilisten. Außer am Lopper.

Daniel Gerny

Neue Zürcher Zeitung, 4. August 2014

 

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Ein bemerkenswertes Bauwerk, 1962 bis 1965 erstellt, auch heute noch: Bis zu 56’000 Fahrzeuge täglich nimmt die Lopperautobahn auf beiden Seiten heutzutage auf. Die Brücke, ein Beispiel für akkurate, solide Handwerkerarbeit, weist keinerlei Altersschwäche auf. Auch davon legt der Dreißig-Minuten-Film Zeugnis ab. Ein anschauliches Dokument über ein Verkehrsdenkmal: Die Lopperautobahn wurde für Nidwalden zum „Tor zur Welt“.

Rolf Breiner

Beispielhaftes Bildzeugnis

Luzerner Tagblatt, 13. September 1991

 

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Ich durfte Arnold Odermatt persönlich kennen- und schätzenlernen, sowohl bei seinen photographischen Aufnahmen bei der Achereggbrücke wie später beim Lehnenviadukt Beckenried. (...) Arnold Odermatt machte bei der Achereggbrücke und am Lopper qualitativ sehr gute Filmaufnahmen der interessantesten Abschnitte während jeder Bauphase. Ich kann die geplante Digitalisierung wärmstens empfehlen.

 

Der Dokumentarfilm Lopper zeigt den heutigen Baufachleuten nicht nur, wie in den sechziger Jahren schwierige Probleme gelöst und die neue Spannbetonbauweise entwickelt wurden, sondern auch, daß damals für die Realisierung solcher Bauwerke weniger Zeit benötigt wurde, als dies heute der Fall ist.

Dialma Jakob Bänziger

Richterswil, 6. Juni 2015

 

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Ein erstes Stück kreuzungsfreie Schweizer Autostraße hatten die Luzerner 1955 zwischen Luzern-Süd und Ennethorw erstellt. In ausgebauter Form gehört sie zur heutigen A2. Erst 1960 trat das Gesetz über den Nationalstraßenbau in Kraft, das den Bund als hauptsächlichen Geldgeber bestimmte.

 

Schon 1954 hatten die Nidwaldner an der Landsgemeinde kühn beschlossen, zwischen der Kantonsgrenze zu Luzern und dem Hauptort Stans eine Autobahn zu bauen – nicht zuletzt als Flucht nach vorne: Der Verkehr am Flaschenhals beim Lopper war zur Qual geworden. Die engen Verhältnisse zwischen See und Berg und der brüchige Fels waren eine bautechnische Herausforderung. Die  Straße mußte zum Teil auf Stelzen gestellt und in den Berg gelegt werden. Für Ein- und Ausfahrten blieb wenig Platz, Pannenstreifen fehlten. (...)

Das waren noch Zeiten...

Band 3, Zeitlupe, Zürich 2007

 

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Der Landschelm

 

Nie an vorderster Front, doch vierzig Jahre in Nidwalden beim Nationalstraßenbau dabei, ist der „Bad-Sepp“ – durch seine Hände gingen alle Rechnungen für die A2.

 

Es war an der Landsgemeinde 1954, als das Nidwaldner Volk entschied, daß die Bahnverbindung nach Hergiswil erstellt wird und die Autobahn von Luzern durch Nidwalden nach Uri führen soll. Damals war Josef Odermatt, den viele als „Bad-Sepp“ kennen, noch in der kaufmännischen Lehre. Einige Monate nach Lehrabschluß meldete er sich 1955 beim Kanton und mußte  sich einer Aufnahmeprüfung stellen. Der Lehrabschluß genügte für den Staatsdienst nicht, man wollte die „Beamten“ selbst auf Herz und Nieren prüfen. Nach einem kurzen Gastspiel auf dem Grundbuchamt wechselte er im Oktober 1957 in die Baudirektion, wo Landammann Remigi Joller das Zepter führte. Später folgten die Baudirektoren August Albrecht, Bruno Leuthold und Werner Keller. „Bad-Sepp“ wollte nur kurze Zeit dem Staat dienen – es wurden dreiundvierzig Jahre. Interessante Jahre, er hat die Entstehung der Autobahn A2 an vorderster Front als „Finanzer“ und „Landkäufer“ miterlebt.

 

Die ersten finanziellen Verpflichtungen im Nationalstraßenbau gehen auf das Jahr 1957 zurück. Die Autobahn in Nidwalden war nach dem kurzen Abschnitt von Kriens nach Horw und der Autobahn von Genf nach Lausanne die dritte Autobahnbaustelle in der Schweiz. Zu Beginn des Nationalstraßenbaus rechnete man für die fünfundzwanzig Kilometer Autobahn von Hergiswil bis zur Urnergrenze mit Gesamtkosten von zweihundert Millionen Franken. Es war die Aufgabe von Josef Odermatt, als Rechnungsführer die Baurechnung für das größte Bauwerk in Nidwalden zu führen. Die Bundesstellen merkten rasch, daß sie in ihm einen kompetenten und seriösen Partner hatten. „Es ist in den Jahren eine Zusammenarbeit entstanden, die auf gegenseitigem Vertrauen beruht“, analysiert Josef Odermatt die Kontakte mit den Bundesstellen.

 

Anfänglich zahlte der Bund achtzig Prozent, ab 1962 zweiundneunzig und seit 1987 sechsundneunzig Prozent an den Bau der Nationalstraße. Die Aufwendungen für den Neu- und Ausbau der A2 und A8 in Nidwalden belaufen sich auf neunhundertdreißig Millionen. Wird der Kirchenwaldtunnel abgerechnet sein, dürften es 1,23 Milliarden sein. Dazu kommen achtundfünfzig Millionen Franken für die Erneuerung und den baulichen Unterhalt der Nationalstraßen. Alle diese Beträge gingen in Tausenden von Rechnungen durch die Hände von Josef Odermatt. Zur Rechnungsführung gehörte  die Überwachung der Objekt- und Zahlungskredite sowie die Erstellung der Objektschlußabrechnungen zuhanden des Bundesamts für Straßen.

 

Als Sekretär der Baudirektion begleitet Josef Odermatt den Landerwerb für die Nationalstraße und den Ausbau der Kantonsstraßen. Erst erwarben die Baudirektoren Remigi Joller und August Albrecht das Land für die Autobahn. Als es von Stansstad Richtung Beckenried ging, wurde eine landrätliche Landerwerbskommission eingesetzt. Anton Christen, Büren, Land- und später Regierungsrat, präsidierte diese Kommission zwanzig Jahre lang. „Zu Beginn war es  einfacher, das Volk glaubte an die Autobahn und deren wirtschaftlicher Bedeutung für Nidwalden“, erinnert sich „Bad-Sepp“. Erst vor Buochs und Beckenried wurde es schwieriger. Liegenschaften wurden von der Straße durchschnitten, was viel Verhandlungsgeschick forderte. Es brauchte es mehr als einen Besuch bei Bauern und Landbesitzern. Einige Male wurde der landrätlichen Kommission die Türe gewiesen. In einem Fall wurde der Tisch vor dem Landerwerbspräsidenten und seinem Sekretär umgestoßen. „Alle Pläne unter dem Tisch zusammensuchen und verschwinden, war das beste, was wir tun konnten“, erinnert sich Josef Odermatt. Über tausend Kaufrechtsverträge, dazu die Kauf- und Dienstbarkeitsverträge hat er geschrieben, wobei ihm die zwei Jahre auf dem Grundbuchamt zu Diensten kamen. Daß die Landerwerbskommission mit Verhandlungsgeschick arbeitete, zeigt, daß kaum ein Dutzend Enteignungen durchgeführt werden mußten. (...)

 

Im Sommer 1999 geht Josef Odermatt als A2-Finanzchef und Landerwerbsbeauftragter der Baudirektion in den Ruhestand.

A2-Infoblatt 2,Tiefbauamt des Kantons Nidwalden Stans, 30. April 1999

 

Josef „Bad-Sepp“ Odermatt

ist der Bruder von Arnold Odermatt

Stans, 1954

Der Kanton Nidwalden, eingebettet zwischen See und Bergen, hat bis ins vergangene Jahrhundert aus der topographischen Abgeschiedenheit Nutzen gezogen. Noch 1798 mußten die Franzosen, um in Nidwalden einzufallen, den beschwerlichen Weg über den Ächerlipaß von Kerns nach Dallenwil nehmen, weil die einzige mit Pferd und Wagen gangbare Einfallachse über den Allweg hartnäckig verteidigt und gehalten wurde.

 

Verkehrsverbindung zu den Miteidgenossen, insbesondere der Stadt Luzern, war bis um 1860 allein der Seeweg. Von 1857 bis 1862 wurde an den Steilhängen des Lopperbergs eine schmale Straße von Luzern nach Sarnen und über die See-Enge am Acheregg eine Zugbrücke nach Stansstad gebaut. Die Öffnung nach Norden war der Anfang einer immer rascheren Entwicklung, einer Zunahme der Bevölkerung, der Industrie- und Gewerbebetriebe und des Verkehrs. Die Entwicklung Nidwaldens spiegelt sich in den Ausbauetappen des Straßenabschnitts Hergiswil-Stansstad.

 

1887 wurde die Zugbrücke am Acheregg zur Drehbrücke umgebaut und 1914 durch eine drehbare Stahlkonstruktion ersetzt. In den Jahren nach 1940 gewann die Idee einer linksufrigen Straße am Vierwaldstättersee an Bedeutung. In den fünfziger Jahren gab es die ersten Verkehrszusammenbrüche an der engen Lopperstraße. Die denkwürdige Landsgemeinde 1954 hat die gesetzlichen Grundlagen für die großzügige Verkehrserschließung durch Schiene und Straße geschaffen. Zwei Jahre später wurde der Bau der Autobahn von der Kantonsgrenze Luzern bis Stans und der Anschluß der Stansstad-Engelberg-Bahn an die Brünigbahn in Hergiswil beschlossen.

 

Die Einstellung zur Autobahn hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Vor zwei Jahrzehnten waren die Behörden von Hergiswil und Stansstad besorgt, weil die Dörfer von der Autobahn umfahren werden. Sie befürchteten, das Fehlen des Durchgangsverkehrs könnte wirtschaftliche Einbussen für Gewerbe und Gastwirtschaft zur Folge haben. Inzwischen sind die Gemeinden stark gewachsen, und die Autobahn führt mitten durch Wohnquartiere.

Martin Gut

Der Ausbau der N2 in Nidwalden

Schweizer Journal, Stäfa, 1/1984

Lopper